One Day in Dresden – what a Mess

Sind wir nicht alle ein bisschen spok(e)y?

Wovon spreche ich? Von einer ebenso genialen wie spezielen Bikemesse. Erstmals auf deutschem Boden und schon so ein Flash. Doch von vorn.

Bastian von SQ Lab ist verantwortlich. Die Mail kam aus heiterem Himmel und kündigte eine „bespoked“ an – was immer das sein sollte. Die Konsultation des Textes gab Aufschluss. Das is ne geile Bike Messe, mit Verlaub, da muss ich hin. Ok, Dresden ist nicht der nächste Weg, aber egal. Gesagt, geplant, getan. Tun war schon immer das Motto. Buddy Georg war – selbstredend – mit dabei.

Was für eine Messe. Ich hatte im Vorfeld so meine Sorge, eine einzige Halle, Wheeldan hatte abgesagt, Pinion leider auch (ein tragischer Unfall zeigte andere Prioritäten auf – verständlich), aber so manch anderer Keyplayer neben Schwalbe, SQ Lab, SON & Tailfin war mit am Start. Ich wusste nicht, was mich erwartet. Lest selbst.

Die erste Runde

Der Airport Dresden ist ja schon mal schick. Von der S-Bahn kommend (Keller), sagt uns der behelmte Insider „immer nur nach oben, bis nix mehr geht“. Der war wohl schon mal da. Ok, rauf, auf die Rolltreppen. Es gibt bekanntermaßen keine zweite Chance für einen ersten Eindruck und auf Anhieb war klar: wow – lauter Nerds, chaka, genau unser Ding. Wir tauchen ein, bleiben schon am ersten Stand viel zu lange hängen, schaffen es kaum am dritten vorbeizukommen. So geht das nicht weiter. Wir brauchen einen Plan. Erstmal eine erste Runde drehen und nirgendwo „naschen“ … dann im zweiten Set ist „anfassen“ erlaubt und im dritten Gang führen wir vielleicht die wichtigen Gespräche. Verrückte unter sich.

Die Stimmung ist phantastisch, Bikespirit liegt in der Luft, wäre es eine Automesse würde man sagen, es riecht nach Benzin, so bleibt dem Chronisten nur festzustellen: Stahl, Titan, Gummi, Leder … all diese wunderbaren Zutaten werden Dir feilgeboten, wie auf einem türkischen Basar. Überall wimmelt und wuselt es, die Gerüche sind nicht das Thema, aber die Haptik, die Optik, all diese ganzen Hingugger. Mann, ey, wo sind wir da nur reingeraten. Knaller – da kann man doch nicht einfach so vorbeigehen. Wir brechen unseren Schwur und bleiben stehen. Hier und da … und da dann auch noch, zum Beispiel bei:

SON

Nabendynamos gibt es so einige im Markt – SON gibt es aber nur einmal und seine weltweite flächendeckende Präsenz auf allen Radwegen dieser Welt ist Selbsterklärung genug. SON ist bei vielen Reisenden gesetzt und das Mittel der Wahl, wenn es um Zuverlässigkeit und Performance geht. Die Techniker aus dem Schwabenländle haben was Neues am Start.

Der neue SON Scheinwerfer mit intergrietem Akku dürfte im kommenden Jahr für Aufmerksamkeit sorgen. Im Frühjahr 2024 wird der neue „Edelux USB FL“ Ladescheinwerfer mit Fernlichtfunktion auf den Markt kommen. Die Ladeelektronik mit kleinem Pufferakku ist komplett im Scheinwerfergehäuse integriert und schafft es bis zu 10 W Leistung aus dem Nabendynamo zu ziehen. Sogar mit angeschaltetem Licht kann das Smartphone noch geladen werden – einfach mit dem Magnetkabel am Lenkerschalter anschließen und los geht’s! Bin gespannt, wie die Reaktionen aus dem Markt sind. Forumslader & Co. bekommen Konkurrenz. Im Bild (wenngleich unscharf) der aktuell geplante Schalter. Mir gefiel der Prototyp mit den klaren Drucktasten besser.

Tailfin

Die Jungs aus Bristol machem Ihrem Ruf alle Ehre. „We are an engineering Company“ sagt James Bracey nicht ohne Stolz. Und Recht hat er. Geile Teile. War seinerzeit das Tailfin Rack schon ein satter Aufmischer im Markt (mittlerweile gehen mehr als 1/3 der Selfsupportet Racer mit Tailfin weltweit an den Start), so legen die Ingenieure nunmehr nach. Brandneu für die Cages Packs an der Frontgabel ist ein Aufnahmesystem welches analog zu den Hecktaschen funktioniert.

Sagt selbst: schaut das nicht auskonstruiert aus? Wiegt nix, sieht man nicht und hält bomenfest. So geht Engeeniering. Chapaeu James. Unnötig zu erwähnen, das die Top Tube Bags von Tailfin auch einen schlanken Fuß machen und funktional über jeden Zweifel erhaben sind. Die Gummierung an der Unterseite sorgt dafür, dass nix rutscht und flutscht, die Taschen gehen natürlich auch per Schraube bomenfest an den Rahmen, sofern die Ösen vorhanden sind. Klasse.

Gramm

Gramm ist mittlerweile ein etablierter Name in der Bikepacking Szene. Kristin weiß was sie macht und auf der Messe waren entsprechend viele Exponate zu sehen. Die Taschenkombi in den Hilite Titan Bikes sind, wie soviele Gramm Produkte customized. So auch in diesem Tandem, welches – eh klar – teilbar ist, man sieht es kaum, aber „it works“. Aber nicht nur Gramm bot „Täschenchen“ feil.

Na? Sag selbst: how does it look? Leicht, abrriebfest, robust, paßgenau und waterproof. Mehr muss nicht. Gramm halt.

Wer es bunter und „anders“ mochte, auch für den war gesorgt. Es gibt auf der bespoked nichts, was es nicht gibt. Seht selbst:

auch an die aussterbende Gattung der Pfeifenraucher war gedacht. Ein bildschöner Fully Rahmen mit artgerechtem Pfeifenständer. Das ist Liebe im Detail, so etwas findest Du auf keiner Eurobike, das findest Du auf einer bespoked. Wer was auf sich hält baut sein Rad mit einer Pinion auf und sagt dem Rahmenbauer „schau, dass Du Schwung rein bringst“. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ich bin hin & weg:

aber nicht nur Rahmen- und Sonderbau war geboten. Steel is reel war ebenso angesagt, wie solides Schreinerhandwerk, klassische Oldschoolrahmen in neuem Gewand gleichermaßen wie völlig abgedrehte Konstruktionen. Und nicht selten wurde ein Exponat auf die Plattform des Airports ausgeführt und man übte sich im Balanceakt. Herrlich. Lauter Nerds. Man fühlte sich wohl.

Appropos wohl. Der Ratio orientierte Mensch würde sagen „für was braucht es denn eine solche Messe?“. Der euphorisierte Besucher wird antworten: „Um das Herz lachen zu machen. Um Inspiration zu erhalten. Um das Schöne zu entdecken und vielleicht auch, um den Lärm, der gerade da draußen in der Welt vorherrscht für ein paar Stunden völlig zu vergessen und sich den leise wummernden Beats in der Airport Halle und guten sorgenfreien Gesprächen hinzugeben und nur noch Kettenöl und „Stallgeruch“ aufzunehmen!“. Einmal tief einatmen. Wunderbar.

In Zeiten wie diesen: Freiheit ist ein hohes Gut !!

Man kann es drehen und wenden wie man will. Vernunft definiert ja ohnehin jeder im Rahmen seiner ihm verfügbaren Variablen. Es geht hier auch nicht um Vernunft. Es geht um Leidenschaft, es geht um Herzblut, es geht um Räder und viel mehr, mein Gott, das ist eine ganz eigene Religion, isnt it? Und es geht auch ums Gewicht. 5,8kg sind ein Fliegenschiß und trotzdem fährt es. Jeah.

und sonst noch

Spokey? schaut mal genau hin und sucht den Drehgriffschalter für die Schaltung (kleiner Tipp: normalerweiser ist er nicht UNTER dem Sattel). Ja, spokey, gell, aber iwie auch geil. Hier die Waldschratversion von Schwalbe, die bei diesem Modell eine Sonderfarbe für den Nobby gewählt haben. Sehr stylisch. Vorne die Axt, links der Spaten, rechts die Hacke, was man halt so braucht. Das Bier ist obligat. Wo findet man sowas? Auf der „bespoked“.

Fazit:

Was für eine Messe, die uns da gelesen wurde. Inspiration satt, wunderschöne Handarbeiten, verlesene Parts und an jede Ecke pure Liebe. Ein dankbares Publikum und eine Bhagwan ähnliche Anhängerschaft, die nach Dresden pilgerte, um sich erleuchten zu lassen. Genau mein Ding.

Drum, ich bleib dabei: ja, ich bin ein bisschen spokey und ja „bespoked“ ist notwendig, gut und alternativlos. Da muss ich nochmal hin. Bleibt einzig und allein die spannende Frage, wo wird sie 2024 stattfinden? Freu mich schon jetzt. bespoked. Versprochen.

*** (c) udokah, 15.10.23 ***

noch ein paar kleine Impressionen