Die Signal Nachricht kam ohne jede Vorwarnung: „machst Du mal einen Overnighter mit mir?“. Wenn der Papa eine solche Frage vom Nachwuchs erhält, dann gibt es nur eine Antwort „ja,  klar, damit rennst Du bei mir offene Zelttüren ein“. Was für eine Frage. Logo. Wir machen das, ich nehme Dich mit und wir machen uns einen schönen Abend. Ok, ok, zwischen Frage und Umsetzung lag dann ein kleiner Versatz, zum Teil dem Wetter, zum anderen Teil der Terminplanung der jungen Dame geschuldet, schließlich müssen ja Studium, Freund, Nebenjob und Freizeitambition unter einen Hut gebracht werden.

„Papa, was muss ich mitnehmen“ – klar, wer es noch nie gemacht hat (aber unbedingt mal machen sollte) frägt so etwas. Die Antwort ist ebenso einfach wie leicht umsetzbar: Etwas Kleidung, was zum Trinken & Essen (d.h. auch Tasse und Besteck), Matte, Schlafsack – recht viel mehr brauchst Du nicht. Der Papa kann aus seinem Fundus aushelfen und unser kurzer gemeinsamer Einkauf sichert unser Überleben über Nacht (Nudeln, Bierchen, Nüsse). Meine Herzdame, nicht dumm, kocht die Spaghetti daheim sogar vor, also ist auch nicht mit Küchenstress vor Ort zu rechnen. So mögen wir das. Und damit wir aus dem vollen schöpfen können, nimmt Papa diesmal den Hinterher Anhänger, die Ortlieb Taschen und packt einfach ein, was wir so brauchen (u.a. Kamera, Objektive und Stativ) ohne alles auf irgendwelche Bikepacking Säcke zu verteilen. So geht sorglos reisen. 

Anna, erstmals auf Overnighter Spuren (das Komfortcamping der vergangenen Jahre hat ja damit wenig zu tun), bleibt frohgemut, die knapp 15Kilomter kurze Strecke an den schönen Platz unserer Wahl machen wir mit links. Frohgemut bis zu dem Moment, an dem ich mein neues Hyperlite Zelt aufbaue. „Ähm, Papa, wo ist der Boden?“ – „Liebe Anna, gibt keinen Boden …. es gibt eine Plane – muss reichen“. Madame schaut mich etwas irritiert an. „…. und die Spinnen?“ – „Spinnen? Die machen wir tot“. Hüstel. Ich spüre einen kurzen Moment des Unbehagens bei meiner Reisebegleitung, kann aber die Bedenken etwas zerstreuen, indem wir gemeinsam nach Feuerholz Ausschau halten und gemeinsam eine kleine Feuerstelle bauen. Der Zufall wollte, dass an diesem Abend zwei junge Wanderer in Annas Alter ein paar hundert Meter unterhalb von unserem Platz ebenfalls ihr Lager aufschlugen und wir sozusagen gleichgesinnte Nachbarn in der Nähe hatten.

Schnell akklimatisieren wir uns, richten alles her, schießen Fotos, pumpen die Matten auf, richten Schlafsack und Quillt her und trinken zur Feier des Tages erst einmal ein Radler. Der tote Baumstamm ist für heute Nacht die Couch und zugleich auch eine kleine Anrichte. Die Mondsichel blickt milde gestimmt auf uns herab. Die Temperaturen sind im zweistelligen Plusbereich, von Mücken keine Spur – man braucht so wenig um glücklich zu sein. Zeit und Raum gehören uns. Zeit für Gespräche, die sonst nur in der Hektik des Alltags untergehen, mal hinterfragen, mal zuhören und wenn mal keiner spricht, einfach dem zunehmenden Sternenflimmern am Himmel zusehen. Freiheit pur. Der Klassiker: „Weißt Du, wo der Große Wagen ist?“ „ Da“ – Fingerzeig nach oben.

Die Dunkelheit bricht langsam herein, das Feuer wärmt und langsam kriecht auch Hunger auf der Bedürfnisskala nach oben. Pfanne, etwas Öl, vegane Bolognese (Sonderwunsch von Frau Tochter) und Gasflamme auf on (hoffentlich reicht die Kartusche noch). Ein wenig mit Salz und Pfeffer abschmecken, fertig ist unser kulinarisches Highlight. Herrlich. Seltsamerweise ist das Thema Spinnen nicht weiter vakant und so genießen wir einen wunderschönen Abend inklusive Sternschnuppen-Garantie, derweil sich die Sichel schon wieder hinter dem Bergrücken verzupft hat. Das sind unwiederbringliche und wahrhaft kostbare, aber kostenlose Momente.

Die Tatsache, dass frühmorgens um 5h Petrus gehörig für kurze Momente seine Schleusen öffnete, brachte uns nicht weiter um den Schlaf. Der zaghafte Stupser von Anna begleitet von der Frage „ob das was macht“ führt dazu, dass sich mein linkes Augenlid kurz hebt, ich den Kopf schüttle und weiterträume, dann maximal noch im Dämmermodus darüber nachgrübele, ob wir draußen signifikant etwas vergessen haben könnten, haben wir nicht, alles gut aufgeräumt. Einzig die Räder werden nass, die armen Pferde.

Auch unsere Nachbarn werden somit etwas unsanft aus ihrem Schlafsack getrieben und mussten tatsächlich doch noch schnell ihr Zelt aufbauen, bevor sie weiterschlafen konnten. Murphys Law.

Dem Regenguss folgt prompt der Sonnenkuss. Die gelbe Kugel wärmt die Zelthaut und weckt uns äußerst sanft, wir drehen uns noch ein paar Mal hin und her und begrüßen gut gelaunt den neuen Tag. „Na, Anna, wie hast Du geschlafen“ – „Geht so“ kommt die ehrliche Antwort – tja, für jemanden der seine Glieder gerne quer übers Bett verteilt, ist die Schlafsack-Enge gewöhnungsbedürftig – da hilft das nächste Mal der Quillt.

Fazit: immer wieder schön. Mit dem Enkelkind ebenso wie mit der Tochter „klein“, einem guten Freund oder auch allein. Diese Nächte draußen sind nicht nur stressfrei, sie sind glücksbringend, kosten nix, außer Zeit und bringen Zinseszins HappyScore-Einheiten aufs Wohlfühlkonto.

Danke Anna für Deine Gesellschaft – ich freu mich auf unser nächstes Microadventure.

one million star hotel – für lau !

So gelingt der (erste) Overnighter

Was braucht man dafür. Kaum was:

Schlafsack oder Quillt, IsoMatte, Zelt, etwas Kleidung – damit ist die Nacht so oder so gesichert.

Komfortabler und schöner wird’s noch mit etwas „drumrum“:

Kocher, Feuerzeug (!), Messer, Besteck, Topf oder Pfanne, Wasser und Getränke, Taschenlampe ist nicht verkehrt, aber ebenso wie eine Kamera ja in jedem Handy eingebaut.

natürlich selbstredend: Zahnbürste, Kamm, was man halt so gerne hat.

Luxuriös wird’s, wenn man noch ne kleine Musikbox und ein Kopfkissen mitnimmt.