Hepta – Part2 – Litauen – Tage 15 bis 18

Da übertreten wir die nächste Grenzlinie und schon wird alles anders. War das polnische Geläuf zumindest organisatorisch dem Radfahrer wohl gesonnen, präsentiert sich Litauen von der anderen Seite. Der Autofahrer ist der Stärkere und daran lässt er keinen Zweifel. Unsere ersten Erlebnisse sind so different ggü. den polnischen Erfahrungen, dass wir Mühe haben uns darauf einzustellen. Doch der Reihe nach. Teil2 unserer Heptalogie.

allein auf weiter Flur ….

Litauen – Ambivalent & Andersartig

Fakten: 4Tage / 351km / 1340hm / allgemein: 2,8 Mio Einwohner, 43 Einw/km², BIP 66 Mrd $

Auch hier. Grenze? Fehlanzeige. Kein Schlagbaum, keine Offiziere, nichts. Willkommen in der EU. Nur ein Bauer in Gummistiefel steht auf seinem Feld und hält kurz inne, als er uns mit den bepackten Rädern beim Selfie schießen zuschaut. Uns empfängt eine saftig grüne Natur, wilde wuchernde Bäume und unser erstes Ziel ist der Wystiter See, durch dessen Gewässer eine imaginäre Grenzlinie Russland von Litauen trennt. Unser Camp Ground am See ist ein Traumspot. Einsam und verlassen steht er umrahmt von einem Wald am Ufer dieses friedlichen Sees. Der Umstand, dass die russische Enklave einen Steinwurf weit weg am anderen Ufer liegt, hat einerseits etwas exotisches, raubt uns andererseits kopfschütteInd den Schlaf. Die „BoomBoom Techno Party“ auf der russischen Seite bis morgens um 430h will nicht so recht ins Bild dieser beschaulich, friedlichen Landschaft passen.

Litauen – Grenzübertritt, der dritte

Im Folgenden werden wir der berühmten Memel (von der Etsch bis an die Memel) in Jurbarkas einen Besuch abstatten und freuen uns schon auf die Hafenstadt Klaipeda, die uns dann jedoch etwas enttäuschen sollte (ok, von Danzig kommend lag die Latte hoch).

Ortseingang Klaipeda

Litauen selbst präsentiert sich gänzlich anders als Polen. Waren die Menschen in Polen offen und herzlich, sind die Litauer (denen wir begegneten) verschlossen und eher mürrisch. Nimmt der Pole Rücksicht auf Radfahrer, scheint dem Litauer jener ziemlich egal zu sein. Vielleicht ist die Warnwesten-Tragepflicht in Litauen eine Maßnahme, die diesem Umstand Rechnung trägt. Einzig jene, die im Bereich der Dienstleistung arbeiten zeigen, dass es auch anders geht. Freundlich, zuvorkommend, sprachlich sehr versiert wurden wir am Campingplatz, der Pizzeria oder sonstwo bedient. Die Menschen die den Supermarkt als Kunde betreten hingegen würdigen uns keines Blickes. Egal wie bunt oder „anders“ wir in den Dörfern und Städten anlanden. Keiner grüßt, niemanden interessiert woher wir kommen, wohin wir gehen. Der russische Einfluss ist spürbar. Hier kümmert sich jeder um sich selbst (dann ist schließlich auch an alle gedacht) – offener Dialog ist nicht vorgesehen (zumindest erlebten wir das in diesen kurzen 4 Tagen so). Da ist auch der Umstand, dass Litauen sich 1990 aus der sowjetischen Okkupation losgesagt hat noch nicht in einen offenen oder gar fröhlichen Umgang miteinander übergegangen. Fremde sind Fremde sind Fremde. Nun denn. Feindlich gesonnen war uns niemand, umarmt hat uns aber auch keiner. Bedient wurden wir stet höflich. Im Zeugnis würde stehen: sie waren stet bemüht.

Der Radweg, kurvenreich an der Ostsee entlang – perfekt

Highlight unserer Litauen Tage dann der Abschnitt hinter Klaipeda, wo wir den kleinen Ort Karkle verlassen und über das berühmt berüchtigte Palanga (hier steppt angeblich Abends der Bär – wir waren früh morgens dort :-/ – finde den Fehler) weiterreisen. Eine perfekte, kurvenreiche Wegführung durch den Wald direkt am Ufer der Ostsee entlang, versöhnt mit der einen oder anderen verkehrsreichen Hauptstraße mit Schwerlastverkehr. Perfekt beschildert und asphaltiert, ohne Kraftverkehr durch sattes Grün. Wie geil ist das denn? Das Naturerlebnis ist nur schwer zu beschreiben, verraten sei aber, der Happiness Score steigt mit jedem Kilometer und die Endorphine toben sich im Körper mit steigender Tendenz aus. Wir sind glücklich on the road und das Wetter ist bis jetzt bestens gesonnen und die Tatsache, dass wir mangels besserem Wissen straffrei aus dem Land kamen (Warn-Westenpflicht für Radfahrer !!!), lässt uns im Nachgang ein wenig grinsen. Das Glück währte jedoch nicht allzu lang. Dann kam der Grenzübergang …. doch das ist eine andere Geschichte -> Teil3.

Fazit Litauen

Hm … wir waren lange Zeit unsicher – war die gesamte Reise insgesamt doch super. Wenn wir uns aber entscheiden müssten, würde Litauen bei einer Punktevergabe in verschiedenen Kategorien (Freundlichkeit, Offenheit, Infrastruktrur, Wegenetz, Straßen, ….) letztlich auf den hinteren Plätzen rangieren. Das Land ist schön, keine Frage, die Natur einsam und ursprünglich, die Ostseeküste eindrucksvoll, das Personal i.d.R. zuvorkommend .. .alles kein Ding, aber allgemeinhin gilt ja bekanntlich: der erste Eindruck bekommt selten eine zweite Chance. Und so blieben ein paar kleine „Kratzer“ im Litauen Lack. Mürrische Menschen, Verkehrsteilnehmer, die man nicht gerne zweimal trifft, und eine Hafenstadt, die uns nicht so in den Bann gezogen hat, wie all die anderen. Und trotz all dieser kleinen „Schwächen“ … eine Ostseerunde ohne Litauen? Nein … ich würde mir auch ein zweites Mal einen ersten Eindruck verschaffen wollen.

Teil 2 der Video Serie

Mehr Infos dazu auch hier.

Alle sieben auf einen Streich hier:

Teil 1 – Polen

Teil 2 – steht hier

Teil 3 – Lettland

Teil 4 – Estland

Teil 5 – Finnland

Teil 6 – Schweden

Teil 7 – Dänemark

Bonusblog D hier -> Deutschland

Ein paar Impressionen aus Litauen: