Ostfriesland, wir kommen … das Projekt nahm Gestalt an, als Lothar mich zum Kaffee lud. Das war für sich schon einmal eine Überraschung, tut er so was normally nicht, aber gut. Dann halt Kaffee.
„Was gibts“
war sogleich meine Frage und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
„Entweder nach Norden – Ostfriesland
oder nach Süden – zB Roma
oder nach Westen – Richtung Frankreich
oder nach Osten – zB Dubrovnik“
sprach er, grinste und packte zudem auch noch drei rudmentär geplante Tracks aus seinem Handy raus. Ich staunte nicht schlecht.
„Ok – Go North“
war, zwei Cappucino und ein großes Stück Kuchen später, der gemeinsame Nenner auf den wir uns verständigten.
Project Go North – einmal zum Norddeich mit dem Graveler
Die Winterabende ermöglichten uns ein paar gesellige Planungsrunden und der Countdown war eingeläutet. Endlich mal wieder raus und los und Gras riechen. Vor uns liegen knapp 1100km, ca 12 Etappen und der Weg führt einmal quer durchs ganze Land. Wenn es die Zeit erlaubt, wird es den einen oder anderen Eintrag hier live und in Farbe, frisch vom Track weg geben, auf jeden Fall gibt es eine finale Nachlese. Manche Abenteuer sind es wert archiviert zu werden.

Es gehts loo ooos … Mit Lole hab ich Übung, einst Ende der 70iger, jüngst mal rund um die Ostsee (7Länder, 7Wochen – round the Baltic Sea) und nun dann halt eben „GoNorth“.


Tag1 / 10.05.2025 / 90km / 530hm
Wir starten frohgemut. Die Sonne scheint. Ok, ok, bis gestern Abend war eigentlich noch nicht final klar, ob wir Samstag oder Sonntag starten. Dann – ein letztes Telefonat – die Wahl fällt auf Startschuss Samstag 11h. Da haben wir einen Tag Reserve, wer weiß für was es gut ist.
Soweit sogut. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Dazu später mehr. Ob der fortgeschrittenen Stunde entpacke ich die bereits gepackten Taschen nicht mehr und dokumentiere den Inhalt auch nicht mehr ausführlich. Wird schon stimmen, was ich mir so gedacht habe. Auch meine Checkliste bemühe ich nicht weiter alter Hase und so. Passt schon. Samstag morgen, 11.01h Meeting Point Schwimmbad P. Hi Lole, gimme Five, könnt gut werden. Wir haben Bock. Richtig Bock. Es geht über Traunstein, Traunreut, Trostberg und kurz vor Garching den ersten Buckel links hoch, so langsam verlassen wir vertrautes Gelände. Es läuft gut, es läuft rund. Wobei stopp, nein, es läuft – streng genommen – gar nicht rund. Da ist der latente Umstand, dass wir beide unsere Front geringfügig überladen haben und unsere Renner (von wegen „rennen“) vorne zu, flattern neigen. Ey. Wir versuchen diesen Sachverhalt durch diverse Packmaßnahmen auszugleichen, indem die zum Beispiel die Kabeltasche (sauschwer) nach hinten wandert, wo es aber auch nicht wirklich leicht ist. Im Laufe der Tage werde ich einiges von vorne nach hinten packen, um die gewünschte Stabilität zu erzeugen.

Wir sind im Flow, die Dörfer huschen nur so an uns vorbei. Engelsberg, Mörmosen, und schließlich nach gut 60km ein erster Stopp in Mühldorf am Inn. „Zwei alkoholfreie Weizenbiere, Frolein, bitteschön, Kuchen und Cappuccino bitte auch“. Danke.
Unterwegs kommen wir an seltsamen Orten vorbei Es sind Orte an denen man lernt, wie wichtig es ist gute Freunde zu haben. So zum Beispiel die Kameraden von der Dingenskirchener Blechmusi, die san echte Freind vom Vater der jüngst geborenen Tochter. Unglaublich. Und wer darf die Sauerei am Ende wieder aufräumen? Na? Wer wohl.
Es geht uns gut. Über Mößling, Lohkrichen und Schönberg landen wir schließlich in Stetten (googlen dürfte zwecklos sein) und dort auf einem alleinstehendem Bauernhof. Und wenn ich sage alleinstehend, meine ich ALLEINstehend. Der alte Bauer schaut mich unbeeindruckt an und erwidert auf meine Frage, ob wir bei ihm für eine Nacht Unterschlupf finden, nur knapp mit „von mir aus, wir sind ja alle Menschen, da hilft man sich oder.“ spricht es und kümmert sich fortan wieder um seine 9 Bienenvölker. Wir bauen am Ende des Gemüsegartens unser Camp auf und erfahren später die Geschichte des alten Mannes. 72 Jahre, hier an diesem Ort geboren und nach nunmehr einigen Herzinfarkten, den letzten erst vor kurzem, plant er seine Wohnsituation mittelfristig wohl auch nicht mehr zu ändern, lebt er also hier an diesem stillen Ort mit seiner Frau, bestellt das Land und seine ca 10 Schweine und hat eine feste Meinung zum Thema Politik und Welt. Es gibt solche und solche Lebensentwürfe. In jedem Fall gilt: danke für die Gastfreundschaft.
Die Sonne weckt uns in der Früh und wir genießen bei Müsli und frischem Kaffee unseren zweiten Tag.

Tag 2 / 11.05.25 / 90km
Neuer Tag, neues Glück. Apropos Glück. Wir haben Glück und weit mehr als das (zumindest gemäß Stand am Tag5). Das Wetter ist uns hold. Die Sonne strahlt ein fröhliches Lachen und begleitet uns den gesamten Tag hinüber ziemlich unaufgeregt. Das eine oder andere weiße Schäfchen am Himmel macht die Kulisse eher rund als das man von Eintrübung reden könnte. Hinzu kommt, und das is nu wirklich der richtig echte Luxus (ein seltenerzudem): wir haben Rückenwind zuhauf. Freunde. R ü c k e n w i n d !!! Wie geil is dat dann Love it. wir verlassen unseren Bauern und Lothar lässt vor lauter Glück auch sein Schloss am Gartenzaun hängen. Nachdem hier ohnehin genug rumliegt wird es zunächst nicht auffallen und ob wir in der Folge mit meinem Mini-Schloss auskommen ist keine Frage die sich stellt, sondern ein Umstand, den wir akzeptieren müssen. Wir nehmen Kurs auf Bodenkirchen und all die Kuhdörfer entlang unserer Route. In Geisenhausen wird erst einmal ein ordentlicher Kaffee bestellt (wobei nicht verschwiegen werden darf, das wir bereits im Camp wunderbaren Espresso aus der Titan Bialetti inkl. Müsli hatten – wenn schon Reisen, dann richtig).
Vilsbiburg und dann Landshut. Lothar bläst zum obligaten Dom-Stopp. Ok, der is aber auch wirklich imposant. An den Isarauen tobt die Dult, Blasmusik scheppert aus den Zelten und wir lassen all das links liegen. Rottenburg an der Laaber wird von Lothar mit Rothenburg ob der Tauber verwechselt, doch der Irrtum is schnell geklärt und wir treiben unsere Rösser voran. Das heutige Etappenziel ist ein schöner Campingplatz in der Nähe von Neustadt an der Donau. Eine herrliche Zeltwiese steht uns zu Verfügung und wir nehmen das reichhaltige Angebot an heißer Dusche und blitzblanken Sanitär Anlagen dankend in Anspruch. In Ermangelung eines Restaurants gibt es heute einmal mehr ein schmackhaftes Firepot Menü auf meinem Sotokocher. Wir leben. Herrlich. Es ist ein einziges Fest. Statistisch ist zu vermelden, das wir viele Sonnenstunden hatten und die Frösche am angrenzenden Teich munter quaken. Der Vollmond dieser Tage macht die Szenerie perfekt. End Of day 2. satisfied.


Tag 3 / 12.05.25 / 85km
Wir sind am Start. Muss ich erwähnen, dass die Sonne breit grinst? Es gibt frischen Kaffee und natürlich Müsli mit Obst und alles ist wunderbar. Aber – to be honest – ich hab Euch unser, konkreter mein, Malheur vom Tag zwei unterschlagen Wem passiert es natürlich? Mir! Als ob ich mich im Vorfeld nicht genug um sauberes Equipment gekümmert hätte. Neue Kette, neue Reifen, alles blitzblank, Schaltung im Service gehabt. All das. Aber nein, Udo braucht mal wieder einen Plattfuß. Ganz unvermittelt kam er daher, „Lole, da schleift doch was?“ „Stimmt, vorn“ „Genau vorn“.
Der Plattfuß war natürlich hinten. Ey. Ok, eingespielt wie wir sind haben wir das ruckzuck erledigt. Wir sind deutlich unter Formel Eins Niveau, aber mit rund 10 Minuten ganz gut dabei. Erledigt, weiter ging’s. Heute ist im übrigen Main-Donau Kanal Tag ab der Höhe Beilngries. Der Mensch hat den Fluß gebändigt und folgen nun diesem zum Teil etwas unnatürlich zwanghaft gradlinigen Flußlauf, grad dass sie kein Rohr verlegt haben. Wir passieren lauter Dörfer, deren Namen nach der Durchfahrt wieder bereits vergessen sind und in unserer Geschichte keinen Platz für die Ewigkeit erhalten. Und trotzdem ist es schön und rund – das gesamt Konzept bisher. Gefällt mir gut. Freystadt wird erobert, Möning und nach Renersgricht fallen wir in den Ort Pyrbaum ein. Die nette rasenmähende Dame erklärt uns sogleich voller Stolz, dass es hier zwei Kirchen gibt aber sie auch nicht wisse wo man nächtigen kann. Von der Ferne konnten wir einen Bauernhof erspähen. Versuch macht kluch. Nachdem wir erfahren konnten dass am Ortsrand ein leckerer Italiener ist, sind wir gedanklich schon bei der Pizza. Doch vorher muss der Bauer ran. Die Oma sitzt entspannt auf einer Bank, als wir mit freundlichem Ton anfragen, ob wir denn vielleicht ein kleines Platzerl für die Nacht haben könnten. Sie schaut erst skeptisch, dann aber gibt sie sich spürbar einen Ruck und ist mutig und sagt „ihr Sohn sei gerade nicht da, aber na gut, JA“. Lothar hinterfragt ob auch niemand später Ärger bekommt und sie verneint abermals mutig. Ok, wir schlagen unsere Zelte auf.
Mein Gang zum Wasserhahn, ca. 30min später wird von der Schwiegertochter des Hauses abrupt gestoppt. Sie kennt unsere Absprache mit Oma offensichtlich nicht und schaut mich an, als sei ich der heutige Einbrecher, den es zu vertreiben gilt. Ich hole mein „isch bin janz lieb Lächeln“ raus uns versuche es mit Charme. Ella (stand auf dem Klingelschild) gibt sich völlig unbeeindruckt. Erst als ich von Oma erzähle und versichere, dass wir sogar nachgefragt haben ob es Ärger gebe, nickt sie mich wortlos grimmig bis zum Wasserhahn durch.
Keine 15min später taucht der Sohn auf. Halbfreundlich und frägt was wir hier machen. Wir erklären uns abermals und bieten dann (ok ok, dass war gepokert) spontan an unsere Zelte wieder abzubauen, wenn irgendwas nicht Recht ist (worauf ich überhaupt keinen Bock gehabt hätte). Dann war das Eis gebrochen, nein, nein, alles kein Problem, wir können gerne bleiben, kein Problem. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, dass die örtliche Pizza heute Ruhetag hat, der örtliche Gasthof ebenso und der örtliche Grieche wohl eben auch, Selbiges im Nachbarort unbekannten Namens. Wir weichen auf einen Schnellimbiss aus und kommen mit einer Pizza vom Türken die uns überdurchschnittlich sättig, gut über die Runden. Pyrbaum, da kannste was erleben.

Tag 4 / 13.05.2025 / 86km
Heute fahren wir vom unbekannten Pyrbaum ins unbekannte Bug. Bug kennt keiner, aber vielleicht jene Stadt vor deren Toren es liegt: Bamberg, manche sagen auch Bambersch … bis dahin sind es aber ab Startpunkt noch ein paar Meter to go. Doch zuvor müssen wir Direttissima durch eine nicht weniger bekannte Stadt, Nürnbersch, manche sagen auch Nürnberg. Das Wetter, wen sollte es wundern, zeigt sich auch heute unverändert von seiner allerbesten Seite: freundlich. Auch das heutige Höhenprofil ist wohlwollend, circa 250 Höhenmeter auf die gesamte Strecke verteilt sind ein Klacks und im Kern geht es toujour bergab (Pyrbaum 406m ü.NN / Bug 246m ü. NN). Alles in allem also kein Grund zur Klage. Entsprechend frohgemut geht es nach einem genussvollen Frühstück auf die Spur. Wer die Cappuccino Maschine sauber gemacht hat, ließ sich im Nachgang nicht mehr ermitteln, Fakt ist wohl: in Pyrbaum liegt ein heller Gummi-Ring, wer ihn findet, darf ihn NICHT behalten, sondern sollte ihn mir zusenden (ich hoffe, Familie Meier stolpert irgendwann über diesen Blogeintrag und erinnert sich an ihre Gäste 😊).
Bis Nürnberg passiert eigentlich nicht viel, nur Lothar hatte seine Sorge, dass die Wegführung uns durch die vermeintlich komplizierte Großstadt führt. Das Gegenteil ist der Fall, gute Radwege und keine allzu großen Hindernisse lassen uns zügig vorankommen, auch der Verkehr ist erträglich. Passt also. Und dennoch war unsere Planung so umsichtig uns direkt an der Nürnberger Burg vorbeizuführen, wenn auch an derer Rücken, aber immerhin. Grund genug für Lothar das Stoppsignal zu blasen. Wenn schon die Burg neben dem Track liegt, dann müssen wir da auch hoch. Also nehmen wir Anlauf und zirkeln den Burggraben entlang direkt in den Burghof hinein und erblicken eine altehrwürdige imposante Kulisse. Fotostopp. Kaffeestopp. Kuchenstopp. So viel Zeit muss sein. Das alkoholfreie Weißbier kommt on Top. Es geht uns prächtig.
Auch hinaus spüren wir wenig von einer großen Stadt, relativ geschwind führt es uns aus Nürnberg hinaus und nahtlos nach Erlangen hinein …. Ab nun an beschaulich der Regnitz entlang hat uns die Natur wieder eingeholt, herrlich. Wir werden am Ende des Tages einen netten 19er Schnitt haben und die Eindrücke entlang des Weges sind durchweg positiv. Natur, viel Flora und Fauna .. .alles im Fluss, sprichwörtlich. In Pettstadt dann ein abrupter Halt. Der Weg endet, der Flusslauf quert unvermittelt unseren Track. Das hatten wir nicht auf dem Schirm. Doch die Lösung ist schnell parat. Die Fähre in Pettstadt fährt nicht nach Fährplan sondern auf Zuruf. Man muss nur laut rufen „Fährmann setz über“ .. .schon kommt der betagte und beleibte Fährmann der uns ausschließlich und entsprechend langsam mit der Strömung beiholt. Spricht man ihn an, erhält man als Antwort einen undefinierbaren Buchstabensalat, was aber nix weiter zur Sache tut. Er setzt uns über und das genügt uns. Seine Ängste, dass wir vom Finanzamt seien, können wir zerstreuen und zahlen uns Fährgeld dennoch anstandslos – wir hatten gewagt zu fragen, wie oft am Tag er diese Arbeit hier verrichtet. So wird dies ein Geheimnis bleiben, welches nur das tatsächliche Finanzamt der Region Bamberg wird ermitteln können, wenn es die gemeldeten Einnahmen durch den Fährpreis teilt. Sei´s drum.
So rollen wir dann noch ein paar Kilometer und werden sogleich darüber informiert, dass der von uns angesteuerte Campingplatz des Bamberger Reiters ein Club für Members only ist, wir aber vis a vis auf der Campinginsel Bamberg hervorragend am Ufer der Regnitz unterkommen können. Mondstimmung. Das Camp passt. Wir gönnen uns ein Bier (bei der Bestellung reicht es zu sagen „a U“ – schon kriegst Du einen Humpen Hopfen) im Biergarten und sind bester Dinge. Ende Day4.

Tag 5 / 90km / 14.05.25
Wir hatten eine wunderbare Nacht an der Regnitz. Wir hatten auch Bier Lothar erkundete nächtens den laaaangen Weg zum Sanitärgebäude und in der Früh gab es Nebelschwaden auf dem Wasser zum Frühstück Frühstück entfällt. Zuerst gibt es den Bamberger Dom und dann ein gepflegtes Omlette mit allem drum und dran. Es dauert nicht lange da werden wir von fremden Frauen angesprochen der Style ist wesentlich moderner wie unserer.Tattoos, Piercing, Skatebord, Rollerblades, wabernde Klamotten, lässiger Ton. „Könnt ihr mal auf unsere Rucksäcke aufpassen?“ „Klar“.
Freya, Norwegische Däninund Bley, Schweizerin, sind die exotischen Nachfolgerinnen die trampend auf unseren Spuren der 80iger Jahre wandeln, wenngleich sie da noch gar nicht geboren waren. Wir unterhalten uns über das Leben und allerlei wichtiges und belangloses und am Ende umarmen wir uns herzlich inspiriert War nett Euch kennenlernen zu dürfen. War cool.

Wir müssen los. Bamberg bye bye. Entlang des Main Donau Kanals kämpfen nur gegen den Wind. Die Sonne grinst sich einen und wir strampeln. Bis Schonungen geht das so. Dennoch stellen wir den in Bamberg verbummelten Schnitt wieder halbwegs her. Jetzt links hoch. Knapp 600 Höhenmeter warten auf uns. Entgegen der Erwartung fliegen wir geradezu über die Buckel. Up und down, wir sind im Flow. Geil. Völlig abrupt – nach 90 km – kommt der Campingplatz am Badesee daher. Whoop whoop. Idylle. Die Sonne verneigt sich langsam und nach einer Currywurst (was muss das muss) sitzen wir nun am Wasser (dick eingepackt *) und freuen uns über 5 Tage andauernden Sonnenschein. Das Wetter ist ok, sag ich nur. Wobei, soviel sei verraten: es sollte sich etwas ändern.
* Ich bin noch die Packstory vom Tag0 schuldig ich Schussel hab doch glatt eine lange Hose vergessen. Hallo? Ich der Packmeister. Abhilfe schafft die in letzter Sekunde dazu gepackte Merino Unterbuxe (die ich ZUSÄTZLICH haben wollte und nun als Rettugsanker verwenden darf). Sie sitz ich da jeden Abend in der Kurzen mit der „Leggings“ drunter. Sexy.

Tag 6 / 73km / 1150hm / 15.05.25
Ich bin nach unruhiger Nacht relativ früh wach und bin dennoch zweiter Sieger. 720h. Normal nicht meine Zeit Egal. Wir sind munter. Und die Zeit des Sorglos Wetters scheint vorbei. Es ist kalt. Es ist windig. Wir packen unsere sieben Sachen und wollen zum Müsli noch schön Cappuccino kochen. Doch – Alarm – der Gummiring ist abgängig. Unsere Recherche ergibt: verloren am Tag 4 beim Bauern Meier. Shit Happens. A bisserl Schwund is immer. Also kein, oder nur ein begrenzter Kaffee. Ok. Aufsatteln. Abfahrt. Es ist kalt. Es ist windig.
Über Münnerstadt geht’s nach Bad Neustadt an der Saale, dort gibt’s gemütliche Rast, soweit von Gemütlichkeit bei den Temperaturen und dem Wind die Rede sein kann. Der Kerl saugt mich komplett aus. Krass. Hinzu kommt, das wir erst nach circa 50km an die Höhenmeterrampen kommen. Hessen und damit die Rhön begrüßt uns mit Wind. Kalt. Und ab nun gilt es Rampen knacken, is genauso mühselig, wie es sich liest. Boh ey. Genau mein Ding. Da müssen wir durch.
Meter für Meter schrauben wir uns vorwärts. Die Erfurter Radlerin hält uns nicht auf, nach kurzem Small Talk, schalten wir einen Gang höher. Die Berge sind präsent. Der Wind auch. Es hat keine 15 Grad.
Und dennoch: wir kommen am Ende des Tages trotzdem in Steinwand an. Der Ort liegt oben. Die Steinwand ist freilich nett zum anschauen, unser Platz wäre in der Kategorie 2Sterne richtig aufgehoben. Keine Dusche, im Leeren Lokal speist die gesamte Wirtsfamilie mit ihren schreienden Kleinkindern und die Stimmung ist im Bereich „der Gast stört eigentlich nur“ angesiedelt. Herzlichkeit würde ich hier nicht attestieren, aber so what. Die Stube is warm, das Bier is lecker, draußen pfeift der Wind. Draußen isser gut aufgehoben. Insofern alles gut.
Unsere Vorschau auf die kommenden Tage ist etwas durchwachsen. Es wird windig. Es könnte regnen und es wird nicht wirklich warm. Kurzum es bleibt spannend.

Tag 7 / 16.05.202 / 88 Km / 710hm
Kühl und windig, hod er gsogt. Latente Regengefahr hod er gsogt. Einen Plan B hatten wir ohnehin nicht.
So kann man sich täuschen. Die Sonne küsst uns. Es ist strahlend blau und es weht maximal ein leichtes Lüftchen. Wir sind wohlgemut und entsprechend früh auf den Beinen (730h). Es folgt the Daily Routine. Packen, zusammenfalten, alles zurück in die div. Beutel, Kaffee kochen, Müsli schneiden, all sowas halt. Zähneputzen, Popo Creme (Hirschtalg) ist dann der letzte Akt. Wir verlassen die Steinwand und rollen zunächst abwärt. Fulda ist ca. 20km entfernt und wir lassen Fulda links liegen und uns über die Dörfer treiben. Gegen Mittag brauen sich ein paar Wolken grimmig zusammen und blicken düster auf uns drein. Ich blicke düster zurück und – zack – verzupfen sie sich wieder. Der Wind frischt etwas auf, aber die gesamt Situation ist überdurchschnittlich erträglich. Kurzum: es ist unfassbar phantastisch. Die heutige Etappe durch Hessen ist eine der schönsten Abschnitte bislang. Es geht zunächst meist bergab hinunter auf 230m und die vor uns liegenden 700hm stören wenig. Entlang der Fulda treffen wir Storch, Milan, Biber und Co.. Die Fulda schlängelt sich durch die Auen, Die Wiesen und Weiden strotzen vor grünem Saft, der Himmel ist so blau, das man meinen könnte er hätte die Tage zuvor gesoffen, die Sonne knallt gelb, die Wolken sind höchstens weiß, wenn überhaupt. Der Wind nicht sicht- aber spürbar. Und wir mittendrin. Ein letzter Anstieg und wir landen am Camp Wallenstein an. Ich bin geflasht, Lothar auch. Wir nächtigen heut im Burggraben vom Ritter Wallenstein. Kulisse pur. Ich fass et nit. So geil.
Da muss ein Foto her. „Thats why“ sag ich bei solchen Gelegenheiten immer.


Tag 8 / 17.05.2025 / 85km
Nach einer Nacht im Burghof bist Du einfach motiviert bis in die Haarspitzen. Wobei, wir müssen ehrlich bleiben: gestern Abend gab es circa 5 (in Worten fünf) Minuten Regenschauer. Das gehörte bislang nicht zum Plan. Wir tragen es mit Fassung, zumal, ein weiteres Highlight dieses Camps: eine Schutzhütte bietet uns und unseren Bikes perfekten Unterstand. Das ist insofern von Vorteil, da die gesamte Packlerei auf den großen Bänken perfekt vonstatten geht und wesentlich komfortabler ist. Unser Müsli geht zur Neige, dafür ist die Kaffeemaschine wieder tipptopp in Funktion gesetzt. War ich doch gestern beim gefühlt letzten Einzelhändler dieser Republik, der wirklich alles im Sortiment und eine passende Bialetti Dichtung im vierten Schubladen, links unten, hatte. Das Internet wird überbewertet.
Wir gehen auf die Spur, weiter ins schöne Hessen hinein. Ein Wort zu Hessen. Hessen bestand für mich bisher nur aus Frankfurt und Appelwoi – beides nicht besonders schön respektive lecker. Ich widerrufe hiermit mein Vorurteil. Hessen ist toll, schön und als Radreiseziel empfehlenswert. Top.
Heute ist scheinbar Kulturtag. Ein hessisches Fachwerkhaus-Dorf nach dem anderen empfängt uns herzlich. Die Marktplätze klein, aber toll, die Häuser aus einer Zeit, als es den rechten Winkel noch nicht gab, oder selbiger nicht ernst genommen wurde. Klasse. Homberg (Efze), Fritzlar und viele weitere schöne Ortschaften liegen auf unserem Track, es läuft gut, wenngleich es stete Buckel gibt, die uns wieder daran erinnern, das wir mit den Kräften haushalten sollten. So geht der Tag ins Land, die Luft ist kühl, wir fahren langärmlig, aber das Wetter größtenteils freundlich gesinnt, wenngleich am Horizont sich dunkelgraues ankündigt.
Ohnehin Zeit sich langsam um ein Camp zu kümmern. Heute sind wir planlos, d.h, wir wollen ab Kilometer 75 die Augen aufhalten und werden prompt bei Kilometer 84 fündig. Exaktemente auf der Landesgrenze von Osthessen zu Nordrhein-Westfalen, wie uns der nette Grundbesitzer erklärt. Vorher haben wir das gesamte Spektrum an Ortschaften passiert (Wabern, Naumburg, Geismar, Altenstadt, Wolfhagen, Volksmarsen, Weida, und schließlich eben Germete). Ein Wort zur „Deele“ in Germete. Ein tolles Lokal (wahrscheinlich) aber mit nahezu unfähigem Personal. Während Lothar und ich nach erfolgreichen Zeltaufbau (als wir fertig waren, gab es einen kurzen Schauer) uns auf die Speisekarte und ein Bier freuen, dreht drinnen der Ober hektisch seine Runden und ignoriert uns recht erfolgreich. Darauf angesprochen meinte er nur es komme heute noch eine Gruppe und ob wir denn essen wollen, was wir bejahten und den guten Mann schließlich überforderte. Wir verlassen das Lokal ohne Bestellung und es gibt Paella in der Tüte und Tee. Auch mal gut. Die Regenwolken sind von dannen.

Tag 9 / 18.05.25025 / 70km
Das erste Mal on Tour weckt uns der Tag mit bewölkt dunkler Stimmung. Es ist kalt. Gefühlt 10 Grad oder weniger. Brrrr. Lange Hose wäre praktisch, gell Udo. EY.
Also, naa gut, dann heut mal ohne Sonne. Tagesziel: Detmold, Besuch bei guter alter Freundin Ingrid (mit der wir schon als Teenager unterwegs waren). Doch bis dahin wollen noch rund 800 Höhenmeter überwunden werden und so mancher Fußweg wird uns das Vorankommen beschwerlich machen. Brenneselpfade, Stufen, Beulenwege und vieles mehr stand auf dem Programm. Die pittoresken Dörfer sind verschwunden und deren Stelle kommen nun vereinsamte Ansammlungen von Häusern ohne jedwede Gastronomie. Wobei, ich schummele. In Altebeke sind wir zu Gast in Andys Deele vis a vis der eindrucksvollen 044er Dampflok, die satte 1,5 Mio Kilometer auf dem Buckel hat und 1977 den Dienst endgültig quittierte. Dieses Stahlgewordene Denkmal ist eindrucksvoll, die Eckdaten sind es auch. Knapp 130 Tonnen schwer dampfte die Lok durchs Land, Über 20m lang und knapp 5m hoch, 2000 PS stark. Coole Zeugnis der Zeitgeschichte. Ein weiteres Highlight folgt kurz vor unserem Etappenziel. Die Externsteine vor den Toren Detmolds. Bisserl Touri Gedöns hier und natürlich wird derjenige, der auf den Fels will, an der Kasse vorbei, aber schön sind sie die Felsen hier.
Ungeachtet der Tatsache das mein Hinterrad sich durch Knackgeräusche bemerkbar macht, muss ich auch mal ein Loblied auf mein treues Surly Midnight Special GRX Di singen. Es läuft, ok,ok, lief bis heute wunderbar rund. Macht mir soviel Spaß wie mein Sotokocher und mein HMG Ultamid Zelt und mein Therma a Rest Quillt. Das war der Werbeblock am Ende des Tag9. Es bleibt spannend. Hält das Wetter, hält die Nabe, hält Lothar durch?
Fragen, die in den nächsten Tagen eine Antwort finden werden.

Tag 10 /19.05.25 / 89+4 KM
Frühstück bei Ingrid. Herzlich, gemütlich, cool. Erdmandel und allerlei Körnerdings. Wir haben heute fast nix zu packen und kommen trotzdem nicht eher vom Hof. Die heutige Etappe sieht zwei, drei Buckel vor und am Ende des Tages werden wir 460hm verbuchen. Aber es rollt gerade so dahin. Die ersten 50km machen wir auf einer Backe, und kehren dann gemütlich bei erstbesten Bäcker ein (die sind mittlerweile rar gesät). Herrlich, der Himmel blau, wir fröhlich, die Natur um uns rum gesäumt von Alleen und Wald und Wiese. Es gibt in der Tat Nix zu meckern. Nicht einmal mal meine Nabe meldet sich noch zu Wort, sie ist seit Start Tag10 wieder stumm. Gut so. Herford und weitere Ortschaften werden eingeholt und auf der Liste locker abgehakt. Der rüstige Rentner, den wir kurz zuvor überholt haben, fährt und neben und und fragt ohne jede Vorrede „und von wo bist du wech?“. Ich muss kurz überlegen, kann ihm aber dann helfen. Ab da an haben wir einen redseligen mitteilungsbedürftigen Mitfahrer für die nächsten10km. Er ist Rentner und war schon da und dort und da und dort. Alles und immer mit dem Rad. Was wir ihm glauben, so wie der reintritt haben wir Mühe mitzuhalten. Krass der Kerl, sowohl hinsichtlich seiner Trittfrequenz als auch bzgl. seiner Quasselei. Wir vermitteln ihm höflich, das wir an der nächsten Kreuzung rechts ab müssen und es kehrt wieder Ruhe ein.
Wir sind in Niedersachsen, lassen Osnabrück links liegen und haben schließlich noch einen schönen Stopp in Bad Essen. Sole und so.
Letzter Halt an einem Campingplatz Kronensee. Perfekt Platz mit Blick auf den schönen See direkt und einem schön gewachsenen Ahornbaum. Camp aufstellen, hier bleiben wir. Unsere Freude auf ein gemütliches Mahl am Platz wird enttäuscht. Weit und breit nix außer ein karger Automat, also steuern wir die nächste Tanke an und versorgen uns mit zwei Semmeln und einer Flasche Vino. Ich mag nicht ins Detail gehen, nur soviel. Es war ein geiler Abend getränkt mit lauter Musik und es blieb alternativlos, das ein mutiger Mann noch ein zweites Mal zur Tanke reiten musste, um Nachschub zu holen. Wir schwelgen in Erinnerungen und der Wein (Le Rouge flamond) schmeckt wunderherrlich. What a Night. Als auch die zweite Flasche geleert war, war keiner der Protagonisten mehr zu überreden, die Tanke ein drittes Mal aufzusuchen.
Ein geiler Abend auf einer geilen Tour. End Of Day 10. Wir kommen immer höher und es mangelt uns an nix. Hält Lothar durch? Lasst Euch überraschen?

Tag 11 / 20.05.25 / 84 KM
Neuer Tag, neues Glück. Heute kommt ein holpriger Tag. Heute kommt ein ebener Tag. Heute kommen kleine Orte und es passiert nichts was aufregend wäre. Wir queren Quakenbrück (was für ein Ortname) und Damme und ab und an lassen wir uns auch zu einer Rast verleiten, aber eigentlich radeln wir die ganze Zeit gegen die leichte nordwestliche Brise an. Durch Wald und Flur. Die Wegabschnitte sind mittlerweile durchaus unterdurchschnittlich glatt. Es gibt jede Menge Beulen und in der Tat auch Sand. Alleen säumen zuhauf unseren Pfad. Damit einher gehen leider auf entsprechend bucklige Karrenwege. Auf der Höhe Cloppenburg bzw. ein stückweit dahinter erreichen wir dann die Talsperre und sind inmitten eines wunderschönen Naturschutzgebietes im Raum Friesyothe (noch so ein Name).
Im Vorfeld hatten wir versucht, die Optionen eines Camps klar zu machen. Mit bescheidenem Erfolg. Im Strandhotel Dittrich/ Campingplatz Dittrich und auch der Ferienanlage Dittrich wird uns in knappstem Norddeutsch mitgeteilt, das Ruhetag is. Und sonst Nix. Ergo bei Dittrich is nix zu holen, keine Wiese und auch kein Essen. Isso. Alles drum rum hat entweder Ruhetach oder ist auf die netten Dauercamper spezialisiert, die dort seit 100 Jahren ein Abo und wildgerankte Hecken und Doppeldächer haben, Hm. Spannend.
Nachdem wir nahezu die gesamt Talsperre umfahren haben, öffnet sich tatsächlich noch eine letzte Option. Der Campingplatz Wilken scheint neu und leer, die Zeltwiese ist für ungefähr 1000 Zelte ausgelegt. Unsere zwei sind aktuell die einzigen. Wir nehmen ganz bescheiden am Rand Platz
Unser Abendmahl im Restaurant Seeblick ist opulent und das alkoholfreie (!!!) Bier mundet hervorzüglich.
Wir gehen zur frühen Stunde stocknüchtern und zufrieden zu Bett. Gute Nacht Day11.

Tag 12 / 21.05.25 / 71 KM
Um 5.37h muss ich vor mein Zelt. Manchmal muss das sein. Was nicht sein müsste, ist das was ich sehe. Lothar berichtet später, das es 1-2Stunden zuvor sternenklar war, mir präsentiert sich ein durch und durch ergrauter Himmel ohne jede freundliche Neigung. Hallo?
Gut 2 Stunden später schaut die Welt schon wieder anders aus. Blaue Flecken lassen guten Willen vermuten und auch ich würde mich freuen, wenn es freundlich bliebe. Blieb es auch. Aber das war’s dann auch. Es bläst uns äußerst freundlich den GANZEN lieben langen Tag direkt ins Gesicht. Frontal. Mit 30 Kilometer pro Stunde. Ohne Pause. Sehr freundlich, aber eben irgendwie auch äußerst unangenehm. Wir hätten heute einen nahezu höhenmeterarmen Tag, da wäre ein 20er Schnitt locker drin gewesen. So schrubben wir zum Teil mit 13km/h auf Kopfsteinpflaster gegen die Elemente an. Was ist besser Regen oder Wind? Ich lass die Frage offen. Wir dürfen uns nicht beschweren. Waren die letzten 12 Tage, wenngleich ab und an etwas kalt (12-13*), aber zu 95% stet hellblau und strahlend. Aber heute ist/war echt Challenge. Aber dennoch: nein, nein, du laues Lüftchen, du hältst uns nicht ab.
Einen Kilometer vor unserem Tagesziel entdecke ich ein Schild „Pedal&Paddel“ und ahne: das wird unser Camp (für heute hatten wir noch keinen Plan). Und Zack Peng. Volltreffer. Kleiner privater Ort, mit Strom und sogar Dusche/Toiletten/Wasser Kombi. Läuft. Der Biergarten ist fussläufig entfernt. Wir sind im Flow. Morgen is final Day und wir planen einen Bounus Track einzubauen, wenngleich die Wetterapp Windgeschwindigkeiten von >35km/h meldet. Egal. Wir rocken das. Wohin. Ihr lest es morgen (oder übermorgen). End Day12.

Tag 13 / 22.05.25 / 76,2 KM
Final Tag. Ok, dann geht es nun einmal von Oldersum bis nach Norddeich. Die Wetterapp machte uns ein wenig Angst, waren die Prognosen für die kommenden Tage wenig erquicklich. Kühl & windig haben sie gesagt. Doch die dunklen Wolken vom Vorabend haben sich verzupft und in der Früh am Camp streiten sich hellblauer Himmel (in der Überzahl) mit dunklen Fronten. Der hellblaue Hommel sollte über den ganzen Tag hinweg die Oberhand behalten. Wenn Engel reisen. Wobei ich komme mir eher vor wie Christian Neureuther, der zwischen Slalomstangen durchzirkelt. Gefühlt streifen wir jede graue/dunkelgraue Wolke um Haaresbreite und entwischen ihr in Bestzeit. Wobei Bestzeit nicht mit schnell verwechselt werden darf. Freunde, wenn ich sage Wind, dann meine ich richtig Wind, auch wenn die Eingeborenen hier meinen die 3er/4er Windstärke sei kein (??) Wind. Boh, es bläst uns direkt ins Gesicht und zwar auf der gesamten Streckenlänge von ~70km!! Unser Tempo beträgt bisweilen weniger als 11km/h, auf der Ebene wohlgemerkt. Es ist ein Kampf! Es is eine Challenge.
Wir durchkreuzen Emden, bevor es episch lang und geradeaus am Damm entlang geht.
Stellt es Euch einfach vor: elendig geradeaus und der Wind frontal von vorn. Die Deichkrone ist die einzige Abwechslung und gelegentlich blöken ein paar Schafherden oder gucken dich scwarzbunte Kühe doof an, oder lassen sich irgendwelche Hengste auf der Weide von Dir nicht beeindrucken. Ist ja klar, wir sind zu langsam als dass sie beeindruckt sein könnten. Einziges Highlight etwa nach knapp 40km ist ein alter Leuchtturm, just in dem Moment verpassen wir eine der Windslalomstangen und es geht ein ultrakurzer Schauer mit Minihagelkörnern danieder. Ok, Pause. Rein ins Leuchtturm Cafe. Glück gehabt. Nächster Halt hätte Greetsiel sein können, sein müssen. Sehr schön hier, doch wir sind irgendwie ausgebrannt, müssen noch rund 20km schrubben. Against the Wind. Krass.
Wir beißen. Der Störtebecker Deich klingt nett, ist aber genauso anstrengend wie alle die anderen Abschnitte zuvor. Kampf ist das passende Wort für den heutigen Tag. Und dennoch: wir gewinnen auch dieses Battle und landen am geplanten Endwegpunkt an. Gimme Five.
Der Campingplatz ist einer von der touristischen Sorte. Viele HochglanzWohnwägen, viele dicke Autos, eine unfreundliche Rezeptionistin, der es sch*egal ist welche Schlacht wir gerade geschlagen haben. Die Ausweise bitte, brauchen Sie Strom, die Duschen sind da hinten, bis morgen 11h raus, macht 28 Euronen. Danke, Moin. Ende.
Unsere Zeltwiese besteht aus Wiese und sonst nix. Kein Schutz vor den Elementen, die sich ankündigen, haben sie sich heute etwas zurückgehalten (haha). Ich baue mein Zelt heute sehr flach und doch bietet die Form eine direkt Angriffsfläche. Ein kurzer Ausflug nach Norden/Norddeich macht die Tour final fertig, dennoch steuern wir die Pizzeria am Platz an. Ist ok.
Die Nacht sollte eine stürmische werden und zwar eine von der Sorte, wie ich sie noch nie hatte. Prasselregen, Sturmböen und jede Menge Wind und Geschüttele. Aber es hält. Das Punkerpärchen vis a vis mit ihren zwei Riesenhunden quatscht gefühlt die ganze Nacht (vielmehr er) und der Wind trägt den Rest zum Ambiente bei.
Aber Fakt ist eines: wir haben es geschafft. 13 Tage, knapp 1100km und knapp 7000 Höhenmeter bei eine. tagesschnitt von 84km ist kein Rekord, aber trotzdem toll. Geile Tour. geile Zeit. Und weil s so cool ist, hängen wir noch was dran an den Tag 14.



Tag 14 / 23.05.25 / 15 KM
Das Ticket ist schnell gekauft, aber auch nicht gerade günstig. 86 Flocken, ok hin und zurück für 2 Personen mit Bike.
Norderney wir kommen. Nach der Sturmnacht weckt uns tatsächlich blauer Himmel und der üppige Wind trocknet alles rasch. Die Überfahrt dauert keine Stunde.und die Kulisse erinnert uns an unser Ostsee Abenteuer. Sehr fein. Norderney, 5000 Einwohner, es waren mal doppelt soviel, und die Preise touristisch hoch. Hier geht es beschaulich zu und unser Camp direkt unter dem 60m hohen Leuchtturm bietet zumindest minimalen Windschutz, wenngleich mir sowohl der Leuchtturmwärter als auch der Campplatzwart mitversichern „das is kein Wind“. Wir drehen kleine Schleifen, wandern auf Dünen und klettern natürlich auch die 252 Stufen zum Turm hinauf und genießen sowohl die Zeit als auch die gesamt Kulisse. Herrlich. Lothar macht noch einen Ausflug zur weißen Düne und ich sichere hier das Camp inkl. braver Chronistenarbeit. Es geht uns gut. Morgen haben wir einen harmlosen Ritt zurück nach Emden (rund 40km) und dann wartet ein weiteres Abenteuer mit meiner herzallerliebsten Transportgesellschaft, die effiziente und stet pünktliche, Bundesbahn. In Münster haben wir immerhin 7 (sieben) Minuten Umsteigezeit. Toi toi. Bleibt spannend.

Tag 15 / 24.05.25 / 50 KM
Norderney ist toll. Klein, fein, unaufgeregt (im Mai / im August war ich noch nie dort). Unser Camp am Leuchtturm darf gerne als passend bezeichnet werden. Der Leuchtturm bietet nicht nur eine herrliche Kulisse, er ist Fotomodell, Orientierungsanker und wahrhaft auch ein Fels in der Brandung, steht er doch dort seit über 100 Jahren völlig unbeeindruckt, auch wenn er bei Sturm im oberen Teil um die 60cm schwankt. Bei „richtigem“ Wind möchte ich nicht dort oben stehen. Wir stehen unten, laufen über die Sanddünen und erfreuen uns an unserem Inselstopp. Die Nacht zuvor war immerhin windarm und der heutige letzte Tag kündigt sich – einmal mehr – freundlich sonnig an. Daher entscheiden wir einvernehmlich die spätere Fähre um 11.45h zu nehmen, damit nach dem Kaffee noch Zeit bleibt, die Weiße Düne zu erkunden und unsere Inselumrundung eben auch „rund“ zu machen. Herrlich hier.
Die Fähre verlässt pünktlich den Hafen und an der Norddeich Mole heißt es den letzten Track zurück nach Emden zu aktivieren. Keine 50km to go, easy, zumal – so glauben wir – man ja Rückenwind haben muss (nachdem wir aus der anderen Richtung kommend ja extrem den Elementen ausgesetzt waren). So kann man sich täuschen. Unser Schicksal im Norden heißt auch am letzten Tag G*e*g*e*n*w*i*n*d frontal ins Gesicht. Das ist weder nett geschweige denn fair, aber halt auch nicht zu ändern. Also kurbeln wir durch das flache Niedersachsen und erreichen Spitzengeschwindigkeiten von selten über 20km/h, meist weniger als 15/16km/h.
Ein weiteres Thema, welches unseren Vortrieb hemmen könnte, war die liebe Deutsche Bahn. Gebucht hatten wir den Zug nach Münster so, dass wir mit 7min Umsteigezeit den ICE erreichen – eben mal von Gleis 3 auf Gleis 9 sprinten. Der berechtigte Einwand von Kollege Lothar war, dass 7 Minuten gegebenenfalls knapp werden könnten, wenn unser Zug zum Beispiel 3min (LOL) Verspätung haben würde. Bei 8 Minuten Verspätung würde sich jede weitere Diskussion hinsichtlich eines erfolgreichen Transfers nach München ohnehin erübrigen. Das waren Argumente, die Gegenargumente waren in der Unterzahl. So kam es, dass Kollege Udo vorschlug, einfach eine (oder gar zwei, drei) Zugnummern eher einzusteigen um das Risiko entsprechend zu minimieren. Das wiederum erschien Lothar wenig plausibel, hatten wir doch exakt den Zug Nr ….99 und nicht …. 98, 97 etc gebucht. Wir konnten die Rechtslage final nicht klären, stiegen trotzdem ein paar Stunden früher in den (nicht gebuchten!) Zubringer nach Münster ein und kamen unbehelligt mit 10min Verspätung (aha !) dort an. Mit ausreichendem Vorlauf also, um noch ein Bier mit Schnitzel zu verspeisen, den Dom zu besichtigen und gar das Schloss aus der Ferne zu betrachten. Alles richtig gemacht.

Um 22.23h verlässt unser ICE mit ca. 20Minuten Verspätung (7min Umsteigezeit hätten vielleicht doch gereicht ?) den Bahnhof Münster. Wer nun glaubt, die kommende Nacht sei zur Nachtruhe geeignet, dem sei gesagt: es ist ein mühsames Unterfangen in der ersten Klasse eines ICE komfortabel Schlaf zu finden, man die Beine falten wie man will. Vergiss es. Ich wünschte mir mein Zelt und meine Matte, Lothar konnte mich davon abhalten uns Gepäcknetz zu legen und muss mich dennoch gegen 6h morgens in München aus dem Halbschlaf reißen. Unnötig zu erwähnen, dass uns die Lautsprecheransage in München mit den Worten begrüßt „der geplante Regionalexpress nach Rosenheim fällt aufgrund einer Gleisstörung aus“. Er fiel zum Glück nicht ganz aus und wir erreichen mit ca. 1 Stunde Verspätung unseren Zielbahnhof. Ich bleibt trotzdem dabei: die Bahn und ich wir werden keine Freunde. Die Erinnerung an das Pano auf der Norderney bleibt unvergessen. Danke für die Zeit, Freund Lole.

Fazit
Freilich, wir wandeln hier nicht auf den Spuren von Dschingis Khan, Marco Polo oder anderen exotischen Fernzielen ala Seidenstraßen, Sahara oder Nordkap. Das war jetzt „nur“ eine Tour einmal quer durchs (schöne) Land, einmal Trans Germany, einmal ans Salzwasser, einmal GoNorth. Keine Sprachbarrieren (vom Fährmann mal abgesehen), keine infrastrukturellen Herausforderungen, nix wirklich spektakuläres. Alles richtig und doch: war es ein zwei Wochen dauerndes schönes, kleines Abenteuer bei bestem Wetter, kühlen Temperaturen und – am Ende – mit richtig herausforderndem Gegenwind. Ich habe gelernt, dass Hessen wunderschön ist, dass viele kleine Ortschaften unknown aber trotzdem sehenswert sind, dass das Bier in weiten Teilen Deutschlands (a U) sehr gut schmeckt (und trotzdem teuer ist) und mache einmal mehr für mich die Erfahrung, dass diese Art zu reisen eine sehr, sehr schöne ist. Die Zeit im Zelt ist nicht immer komfortabel, aber sie erdet dich, die Ruhe im Sattel hat was meditatives, die vorbeifliegende Landschaft macht mich happy und all die vielen, vielen Eindrücke sind mit jedem neuen Tag eine weitere Perle auf meiner Erinnerungskette. Ich liebe das. Kurzum: es war toll, es war windig. Ich würds wieder tun.
Bis zur nächsten Tour, wir lesen uns hier. Bald. // Last but not least: ein kleines aber feines Appetizer Bild. That´s why!

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