Hinterher läuft im Markt vorneweg

Aus einer Vision wird ein Markterfolg – Portrait der Münchner Firma Hinterher

Das Gebäude der alten Münchner Stadtwerke ist altehrwürdig und wohl auch ein wenig geschichtsträchtig. Die Geschichte der hier ansässigen Firma Hinterher hingegen ist noch relativ jung. Peter Hornung war mit seinem Schreinerei-Betrieb weit über 15 Jahre lang im Münchner Zentrum erfolgreich und suchte 2012 nach einer guten Alternative zu seinem kleinen Lieferwagen. Wendig sollte er sein, die entlegenen Höfe seiner Kunden ansteuern können, die mühsame Parkplatzsuche entbehrlich machen und dem täglichen Alltagsbetrieb kostengünstig standhalten. Der passionierte Radfahrer tüftelte an einer Lösung. Ein Fahrradanhänger war seine Vision. Leicht, variabel, wendig, günstig im Unterhalt und die lästige Parkplatzsuche entfällt! Das war einmal …. nun findet man die frischen Leute von hinterher in den Gewerbehöfen in Obersendling. Auch die Städteplaner stehen nie still !

Modellbau

Skizze – Prototyp – Serienstart

Die erste Skizze entstand noch im Jahr 2012, 2013 waren bereits 5 Prototypenserien fertig vor Peter Hornung und schon kamen die ersten Reaktionen aus seinem Umfeld. „Das ist ja praktisch, kannst Du mir auch so einen machen?“. Manche nennen es auch Kettenreaktion. Peter Hornung, der bis dato solvente High Endkunden mit hochwertigem Mobiliar versorgte, lieferte weitere Hänger aus. Jeder neue Hänger brachte wieder interessierte Kunden mit sich und so kam es wie so oft: unverhofft. Eine Entscheidung musste getroffen werden. Die Tradition Schreinerei fortführen oder mit einem neuen Produkt, welches in dieser Form so noch nicht auf dem Markt war, antreten und die Vorwärtsstrategie einschlagen.

Peter Hornung

Johannes, sein junger Mitarbeiter, beschreibt seinen Chef wie folgt: „Er ist ein Handwerker mit höchstem Qualitätsanspruch, da muss auch das Werkzeug 100% stimmen. Interessant ist die Kombination mit seiner bedingungslosen Liebe zum Detail und zum Design – so kommen bei Hinterher immer zwei Dinge zusammen: hohe Qualität mit 100% funktionalem Design – so etwas hat man selten“. Peter Hornung, sichtlich überrascht, lächelt bescheiden, man spürt aber auch ein wenig wie wohltuend diese Worte für ihn sind. Bestätigung einer Entscheidung, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Die Fa. Globetrotter unterstützte den Münchner früh in seinen Bemühungen, den Hinterher-Anhänger an die radelnden Kunden zu bringen. Heute verkauft sich der Hänger in verschiedensten Größen und Ausführungen zu ca. 50% über den Direktvertrieb und zu 50% über den Fachhandel.

Eierlegender Lastenesel

Das Konzept ist – eigentlich – simpel. Man nehme eine 4mm CNC gefräste Aluplatte, konstruiere eine Achs- und qualitativ hochwertige Deichselaufnahme – fertig ist die Basisplattform für den Hinterher, den es nunmehr in zahlreichen Varianten und Größen gibt. Die Anwendungen reichen vom Handwagen für den kurzen Lebensmitteleinkauf bis hin zum „Transportlaster“ für „Schwergut“ (zum Beispiel 5 Fahrräder, Laborgeräte für eine Stadtverwaltung oder als Kamerawagen für den Kameramann). „Dennoch …“, betont Peter Hornung, „… der Markt ist schwieriger als gedacht. Aber die Zeiten sind im Wandel, Fahrverbote, platzende Innenstädte und alternative Verkehrskonzepte werden kommen – dann ist auch die Zeit für den Hinterher reif“. Spricht er und lächelt…

Der Hinterher ist zwar ein Verkaufsschlager, doch die Stückzahlen sind noch homöopathisch. Waren es im ersten Jahr 40 Anhänger, verließen ein Jahr später bereits 200 rote Hinterhers die Münchner Zentrale. Aktuell sind es ca. 1000 Anhänger im Jahr und als nächste Marke peilt Hornung die 2000er Produktions-Schwelle an. „Der Markt ist noch nicht soweit, aber die Zeit kommt“, ist er überzeugt. Der Erfolg gibt ihm Recht. Irgendwie ist es wie beim iPhone, von dem man auch nicht wusste, dass man es braucht, bevor es so etwas gab – nur eben in anderen Dimensionen. Die Firma UPS ist aufmerksam geworden und sorgt mit dem Projekt „City to share“ für Furore. Lastenräder und Hinterher Transportanhänger mit 350 Liter großen Boxen werden demnächst in der Münchner Innenstadt reibungsfreie und vor allem termingerechte Auslieferungen sicherstellen.

Zuverlässige Lieferanten, ausschließlich Made in Germany und ein sehr hoher Qualitätsanspruch sorgen im Grunde dafür, dass kein Hänger reklamiert wird und somit sein guter Ruf sich festigt.

Ausblick

Hinterher wächst. Behutsam. Peter Hornung gibt keine Ziele vor. Zielvorgaben verursachen nur Druck und wenn man sie nicht erreicht, hat man ein Problem mehr. Hinterher ist heute sowieso schon weiter, als es jemals geplant war. So bleibt Hornung seinen Tugenden treu: hohe Qualität und regionale Fertigung gepaart mit cleveren Lösungen in einem neuen Markt der Szene. Jedes Teil ist eine Innovation. Die Transportriemen passen perfekt in die zahlreichen Aussparungen, allein die Werkzeugform für den Kunststoffguss für die Halter kostete 10.000 Euro, aber sie funktionieren. Die Deichsel kann, einmal kurz gedreht, als Stange für den Handwagen genutzt werden. Die Bohrungen im Boden sind funktional und nehmen, sollte der Hänger einmal Platzsparend zur Seite gestellt werden müssen, auch die 20 Zoll Räder auf. Den Hinterher gibt es in der kleinsten „Fiffi“ Version und als XXL Lastenteil mit Doppelachse und verstärkter Aufnahme. Er kann Bootswagen und trägt, mit langer Deichsel, auch das Kajak klaglos hinter dem Fahrrad her.

Man darf gespannt sein, was Peter Hornung als nächstes aus seinem Hut zaubert. Eine Transportlösung für Paletten steht kurz vor Serienreife und sogar ein kleiner „Wohnwagen“ wurde seinerzeit in seinem Büro auf dem alten Areal der Münchner Stadtwerke gesichtet. Die Geschichte wird nun in Obersendling bestimmt noch einen „Anhang“ erfahren.

*** © Udo Kewitsch, Apr20 / Zeichen 5560 / Zeilen 82 / ***